Unsere Honfleur hat den Winter über in Cariati (im Golf von Taranto, ganz im Süden Italiens) im Wasser gelegen. An Bord scheint alles in Ordnung zu sein. Nur ist durch die Winter-Stürme jede noch so kleine Fuge eingesandet. Wir haben wie immer gut zu tun und müssen uns bremsen, nicht zu viel auf einmal anzufangen.
Ein Beispiel: Nachdem Jörn mit einem bravourösen Tauchgang erste Teile des Unterwasserschiffs von Bewuchs befreit hatte, wollte er mir nachmittags noch eine Freude machen und mal kurz das mitgebrachte WC-Ersatzteil einbauen. Scheun‘ Schiet, damit waren wir anschließend 2 Tage beschäftigt. Kalk und Salz waren in den pipes eine unheilige Allianz eingegangen und hatten alle Schläuche vom WC verstopft. Wir haben alle Tricks ausprobiert und letztlich „unseren“ Ingenieur Philip von der Broom-Werft in UK angemorst. Der meinte, wir sollten in einem Loch unter dem WC mal einen Zugang prüfen. Nachdem Jörn dort nicht hineinkam, habe ich es versucht. Und bekam anschließend meinen Arm nicht mehr heraus. Eine echt blöde Situation. Keine Ahnung, wie in das kleine Bad noch ein italienischer Feuerwehrmann gepasst hätte, um mich raus zu schneiden. Letztlich konnte ich mich selbst befreien und hatte ein paar Tage dekorative rote Striemen am Arm.
Der Strand neben dem Hafen ist jetzt im April noch ab und zu von Rindern bevölkert.
Unser Stegnachbar Il Dottore hatte uns im letzten Herbst mit Wein aus der Gegend beschenkt und angekündigt, in diesem Frühjahr zum calabresischen Essen einzuladen. Kaum in Cariati angekommen trafen wir uns mit ihm, seiner Frau, seiner Schwester und deren Mann in einem sehr urigen Weinkeller im Altstadtviertel auf dem Hügel. Wir genossen vielseitige Gespräche, guten Wein und kleine meist sehr scharfe Speisen, dazu gab es die typische Tarantella-Musik. Es war ein lustiger Abend, auch weil die Frau vom Dottore zum ersten Mal nach über 30 Jahren dem Wein zusprach und entsprechend aufgeräumt wurde. Beim anschließenden Eisessen in einer Eisdiele, auch hierzu wurden wir eingeladen, traf man den halben Ort, und alle amüsierten sich über die beschwipste Lehrerin. Herrlich.
Am Abend darauf war die Gesellschaft zum Aperitif um 18 Uhr bei uns an Bord eingeladen. Ich hatte Knabberkram, Melone und Käse hingestellt. Aber die Schwester, sie lebt auf dem Land, brachte noch eine warme Frittata (Eierkuchen) mit, gefüllt mit grünem, wildem, selbst gepflücktem Spargel. Brot und eine scharfe Sardellenpaste hatte sie auch dabei. Bei reichlich Prosecco wurde es wieder sehr lustig, und der Aperitif ging bis 22Uhr.
So haben wir jeden Tag irgendeinen Besuch hier, zum Limoncello, „Deutschkaffee“ oder einfach so.
Die Arbeiten am Schiff gehen gut voran, die neuen Solar Paneele werden montiert. Hier die Nr. 1 von vieren:
Das Freizeitprogramm gestaltet sich abwechslungsreich. Eines Abends sind wir bei Il Dottore und seiner Frau zum üppigen Fischessen eingeladen. Sie leben in einem Palazzo venezianischen Ausmaßes, inclusive beeindruckender Deckengemälde. Mit dabei sind wieder die Schwester mit Mann und vom Kat „LIFE PART 2“ im Hafen der Kanadier Noel mit seiner portugiesischen Frau. Da die Schwester und ihr Mann nicht nur ein Haus im Gebirge sondern auch eines in Brasilien besitzen, sprechen sie portugiesisch. Mit der Folge, dass den ganzen Abend die Unterhaltung munter durcheinander auf Italienisch, Englisch und Portugiesisch geführt wird, ganz schön anstrengend. Nach den Fischspeisen werden wir noch mit Grappa (aus dem Veneto) und Lakritzlikör (von hier) abgefüllt und sind erst nachts um 1Uhr in der Koje.
Am Tag darauf unternimmt Il Dottore mit uns und den Kanadiern einen Ausflug in die Campagna.
Die Familie hat dort auf einem paradiesischen Grundstück ein Landhaus, das gerade liebevoll restauriert wird. Nachdem er uns gezeigt hat, wie man mit einem langen Grashalm eine Eidechse fängt, ernten wir mit der Schwester noch wilden Fenchel und grünen Spargel am Wegesrand. Bevor sie ins Gebüsch greift, haut sie mit einem Stock hinein, um eventuell vorhandene Schlangen zu vertreiben.