Wir hatten die “Honfleur” über Winter in Cariati, Calabria, im Wasser gelassen. Und eigentlich waren wir ganz sicher, dass wir im kommenden Frühjahr unsere Fahrt an der W-Seite Italiens Richtung Frankreich fortsetzen würden.
Aber an einem ungemütlichen norddeutschen Winterabend brachte uns unser Sohn ein Video mit: “Highway to Hellas” mit Christoph Maria Herbst. “Das gefällt Euch bestimmt!” Wir kamen beide sofort ins Schwärmen, oh, dieses unvergleichliche Blau, das Licht auf der Insel, die verschmitzte Art der Griechen, mit Problemen umzugehen, der so typische kleine Verkaufsladen – und beschlossen auf der Stelle, wir mussten einfach noch einmal zurück nach Griechenland.
Nach einem sehr schönen kulturellen Zwischenstopp in Pompei
erreichen wir Drei am 07.April 2017 wohlbehalten das Boot. Auf den ersten Blick scheint alles in Ordnung zu sein, aber es warten doch wieder einige fiese technische Überraschungen auf uns. Wie immer.
Ein Beispiel: Beim Austausch der Dieselfilter stellt ein Mechaniker fest, dass das Gewinde des Wasserdetektors defekt ist. Es folgen viele Telefonate mit italienischen Händlern. Letztlich macht sich Jörn auf den Weg nach Diamante, gute 2 Stunden Fahrt über Landstraßen, um das Ersatzteil abzuholen. Die erste ihm genannte Adresse: Kein Erfolg. Die zweite Adresse: Laden geschlossen. Ein Mann kommt vorbei, der Händler würde über dem Laden wohnen, einfach klingeln! Keine Reaktion. Eine Frau kommt vorbei, vielleicht schläft er noch! Sturmklingeln. Schon 10 Minuten später öffnet der Händler seinen Laden und – schaut erstmal seine Post durch. Nein, der Wasserdetektor ist nicht hier, aber in einem Lager, Jörn soll doch einfach seinem Auto folgen. Er gibt dann derartig Gas, dass Jörn eine Weile braucht, um den Händler wieder einzuholen. Die “Aktion Wasserdetektor” braucht somit fast einen Tag.
In Cariati sehen wir etliche uns liebe Menschen wieder, wir haben oft Besuch an Bord. Am Ostermontag werden wir vom Dottore zum traditionellen Pasquetta-Picknick bei seiner Schwester auf dem Land eingeladen. Nach und nach trudeln 16 Personen ein, und alle bringen etwas Leckeres zu essen mit. Da es im Garten zu sehr weht, werden nach eingehender Diskussion im Haus Tische zusammengestellt und mit Plastikgeschirr und Bechern bestückt, die Gastgeberin bereitet derweil in aller Seelenruhe frische Pasta in ihrer Nudelmaschine zu. Welch ein Unterschied, ich würde planen und vorbereiten, hier fasst halt jeder mit an. Es wird ein paar Stunden fröhlich gespeist und getrunken. Anfangs können wir der sehr munteren, lustigen und lauten Unterhaltung noch gut folgen. Später verfallen alle in “Cariatese”, die örtliche Mundart. Wir sind so komplett verloren wie ein Bayer in Dithmarschen.
Nach unseren etwas skurilen Erfahrungen im letzten Herbst suchen wir für unser Auto einen sicheren Parkplatz. Von einem im Internet angebotenen rät uns Leonardo, der Konzessionär der Marina, ab. “Doch nicht bei dem, das ist nicht sicher!” Aber kein Problem, sein Onkel vermietet einen Garagenplatz. Das erste verabredete Treffen mit dem Onkel platzt, es ist schließlich Sonntag, da ist er lange in der Kirche. Der zweite Versuch: Der Onkel ist anwesend, aber die Tante nicht, und sie ist nun einmal für das Finanzielle zuständig. Dritter Akt, die Tante gibt ihren Segen. Wir dürfen den Wagen gegen Vorkasse für zweieinhalb Monate unterstellen. Ecco, und schon ist das geklärt!
Am 24. April 2017 führt uns der erste Törn 65sm quer über den Golfo di Taranto nach Santa Maria di Leuca. Das Wasser ist unruhiger als gedacht, und wir nehmen viel Wasser über. Auch für die kommenden Tage sind starke S-liche Winde angesagt, sodass an eine Überfahrt nach Griechenland nicht zu denken ist. Wir bekommen einen guten Liegeplatz und “die Kuh ist angebunden”, wie eine Bekannte in Spanien einst so schön formulierte. Aber leider liegt das Boot nicht ruhig, und auch unsere Ruckfender können die ständige Schaukelei nicht verhindern. Mein Kreislauf gerät wieder einmal ins Schlingern.
Wir nutzen die Zeit in Leuca, um den hübschen Badeort zu erkunden, besuchen die Grotta di Diabolo und den 50m hohen Leuchtturm auf dem Hügel von Lands End.
Eines Nachmittags wird ein Flüchtlingsschiff in den Hafen verbracht, begleitet von einer Fregatte der Marine und zwei Schiffen der Guardia Costiera. An Bord hauptsächlich junge Männer, einige wenige Kinder. Sehr schnell und anscheinend enorm gut organisiert sind Polizia, Krankenwagen und weitere Helfer auf der Pier. Nach knapp 3 Stunden kommen 2 große Busse und holen die Flüchtlinge ab.