Etwas wehmütig verlassen wir Cariati früher als geplant am 06.09.2017. Aber nach dem unglaublich heißen Sommer (Inferno, sagen sie hier) wird Italien von extremen Wetterlagen gebeutelt, und für die nächste Woche ist ein Gewittertief angekündigt. Vorher wollen wir schon den Törn beginnen und den Sturm in einem geschützten Hafen abwettern.
Unser erstes Ziel nach 50sm ist Le Castella mit dem berühmten Castello Aragonese.
Wir bekommen einen der wenigen begehrten Muringplätze im Innenhafen. Abends können wir beobachten, wie nach dem italienischen Motto „geht nicht gibt’s nicht“ ein großes Motorboot neben uns betankt wird. Fast landet der Tankwagen im Hafenbecken, weil der Schlauch einfach zu kurz ist:
Den Golfo Di Squillace queren wir bei vernünftigen Bedingungen und landen in Badolato. Il Dottore hatte die Gegend abfällig als abandonato, verlassen, bezeichnet. Das stimmt nicht ganz, denn sehr viele Boote mit freundlich winkenden Anglern fahren an unserem Liegeplatz vorbei. Ein Ort ist aber nicht in der Nähe, und die Einfahrt droht wohl regelmäßig zu versanden. An beiden Seiten sind durch die Baggerarbeiten schon große Berge entstanden. Im Hafenbecken liegen drei versunkene größere Yachten. Ehemalige Flüchtlingsboote, für die sich niemand verantwortlich fühlt.
20sm weiter bekommen wir einen, so hoffen wir, geschützten Liegeplatz in Roccella Ionica. Erwartet hatten wir ein Gewittertief und daher das Boot nach allen Regeln der Kunst angebunden und vorbereitet. Aber am 11.09.2017 früh morgens entlädt sich hier ein Sturm mit bis zu 12 Bft., gemessen 70kn. Das ist absolut einmalig in unserer langen Zeit auf dem Wasser.
Ich wollte gern, dass Jörn mit Paula schnell noch Gassi ging, weil wir das Unheil ja kommen sahen und hörten. Aber die Kleine weigerte sich standhaft, zum Glück hat sie einen intakten Hundeinstinkt. Denn schon 10 Minuten später geht es los. Ein Inferno aus Blitz, Donner, Regen und unglaublichem Sturm. Die 49ft. große Nachbaryacht legt sich in den Böen so bedrohlich auf die Seite, dass wir Sorge haben, ihr Mast würde uns treffen. Nach einer guten Stunde ist die Front durchgezogen, aber der Sturm hält noch weiter an.
Bei uns ist bis auf einen gerissenen Ruckfender alles heil geblieben, aber an einigen Schiffen sind Schäden entstanden. Zwei 50ft. große Segel-Yachten wurden in den Böen so auf die Seite gelegt, dass die Fender nichts mehr nützten und die Schiffe auf die Kaimauer gedrückt und ihre Seiten demoliert wurden. Fingerstege rissen ab, versanken halb im Wasser und nahmen die angebunden Boote mit.
Zum Glück wurde niemand verletzt, aber alle im Hafen sind schwer beeindruckt ob der Naturgewalten. Eine Engländerin meint, very british, das sei „weit außerhalb ihrer Komfortzone“ gewesen. Ich drücke es etwas drastischer aus, es war absolut furchterregend.
Nach dem Sturm:
Gute 60sm sind es um die italienische Stiefelspitze herum bis nach Reggio Di Calabria. Ich hatte mich auf diesen Törn gefreut, weil man auf Sizilien zufährt und die Rauchfahne des Ätna sehen kann.
Wunsch:
- Glattes Wasser, kein Wind
- Schöner Platz im Nordhafen von R.C.
- Netter Taxifahrer bringt uns wieder Croissants und fährt uns zu Sehenswürdigkeiten und nettem Ristorante
Wirklichkeit:
- In der Straße von Messina heftiger Wind gegenan, das Schiff völlig versalzen
- Ein Platz, obwohl prenotato, wird uns verweigert, die Transitplätze seien jetzt im S-Hafen bei den Fähren. Dort herrschen aber so miese Bedingungen, dass wir Paula kaum von Bord bekommen. Schlimmer war nimmer. Ich erwäge eine Nacht im Hotel… Aber Jörn motzt so gekonnt auf italienisch, er sei „deluso e arrabiato“, bis sie eine Ausnahme machen und uns doch in den N- Hafen lassen.
- Taxi lassen wir ausfallen, es reicht uns für heute.